Der Gedanke, sich beruflich noch einmal neu aufzustellen, beschäftigt viele Menschen – gerade im sozialen und medizinischen Bereich. Wer als Erzieherin oder Erzieher bereits mit Kindern, Familien und sensiblen Situationen arbeitet, bringt wertvolle Vorerfahrungen mit. Aber wie sieht es konkret aus, wenn man vom Kindergartenalltag in den Kreißsaal wechseln möchte? Wir klären die wichtigsten Fragen.
1. Warum der Wechsel naheliegt
Als Erzieherin hat man bereits Erfahrung im Umgang mit Kindern, Eltern und emotional anspruchsvollen Situationen. Das hilft auch im Hebammenberuf. Während sich die Arbeit im Kindergarten auf frühkindliche Entwicklung, Erziehung und Betreuung konzentriert, steht bei der Hebamme die Schwangerschaft, Geburt und Nachsorge im Mittelpunkt. Beide Berufe haben jedoch eine Gemeinsamkeit: Man muss einen kühlen Kopf bewahren, auch wenn es stressig oder emotional wird.
2. Welche Umschulung braucht man?
Streng genommen handelt es sich nicht um eine klassische „Umschulung“, sondern um eine neue Ausbildung. Seit 2020 ist die Hebammenausbildung akademisiert worden – es handelt sich jetzt um ein duales Bachelorstudium in Hebammenwissenschaft.
- Dauer: in der Regel 7 Semester (3,5 Jahre)
- Struktur: Kombination aus Studium an einer Hochschule und Praxiseinsätzen im Krankenhaus
- Zugang: je nach Bundesland und Hochschule mit Abitur oder Fachhochschulreife, teilweise auch mit Fachweiterbildungen im Gesundheitswesen
Ein direkter Quereinstieg nur mit einer Erzieherinnenausbildung ist nicht möglich. Aber: Je nach Hochschule können bereits erworbene Qualifikationen (z. B. Praktika, Berufserfahrung, Weiterbildungen) angerechnet werden.
3. Welche Fähigkeiten sollte man mitbringen?
Erzieherinnen haben schon viele Eigenschaften, die auch für Hebammen entscheidend sind:
- Belastbarkeit – bei Geburten oder Notfällen ruhig bleiben
- Empathie – Mütter, Väter und Familien einfühlsam begleiten
- Verantwortungsbewusstsein – medizinische Entscheidungen haben direkte Auswirkungen
- Teamfähigkeit – Zusammenarbeit mit Ärzten, Pflegepersonal und anderen Fachbereichen
- Körperliche Fitness – Geburten sind oft körperlich anstrengend
Zusätzlich ist medizinisches Interesse wichtig: Anatomie, Physiologie und Geburtshilfe gehören zum Studienalltag.
4. Gibt es Altersgrenzen?
Eine gesetzliche Altersgrenze gibt es nicht. Viele Hochschulen betonen ausdrücklich, dass auch Bewerberinnen mit Berufserfahrung willkommen sind. Wichtig ist vor allem: Man muss die Ausbildung gesundheitlich schaffen können und die Motivation für einen intensiven Lern- und Praxisalltag mitbringen.
5. Welche schulischen Voraussetzungen gibt es?
Für den Bachelorstudiengang Hebammenwissenschaft gilt:
- In der Regel benötigt man Abitur oder Fachhochschulreife.
- Manche Hochschulen lassen auch Bewerber mit mittlerem Schulabschluss plus abgeschlossener Berufsausbildung im Gesundheitswesen zu.
- Ein Pflegepraktikum oder einschlägige Praxiserfahrung kann hilfreich sein.
6. Fazit
Der Weg von der Erzieherin zur Hebamme ist möglich, aber er führt nicht über eine klassische Umschulung, sondern über ein Studium. Wer bereit ist, noch einmal drei bis vier Jahre in Ausbildung zu investieren, bringt als Erzieherin viele der geforderten Soft Skills bereits mit. Alter ist kein Hindernis – entscheidend sind Motivation, Belastbarkeit und die Bereitschaft, sich auf den medizinischen Teil einzulassen.
👉 AntwortX.de-Tipp: Informiere dich frühzeitig bei Hochschulen in deiner Nähe über Bewerbungsfristen, Zulassungsvoraussetzungen und Praxispartner. So vermeidest du Umwege und findest den besten Startpunkt für deine neue Laufbahn als Hebamme.
Hier sind die wesentlichen Risiken und Herausforderungen, die man kennen sollte:
1. Hohe Verantwortung & Haftung
- Medizinische Verantwortung: Hebammen begleiten Schwangerschaft, Geburt und Nachsorge – Fehler können direkte Folgen für Mutter und Kind haben.
- Haftpflichtversicherung: Aufgrund des hohen Risikos sind die Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung für Hebammen in Deutschland sehr hoch. Wer freiberuflich arbeitet, muss mit jährlichen Kosten von mehreren tausend Euro rechnen.
2. Körperliche & emotionale Belastung
- Arbeitszeiten: Unregelmäßige Schichten, Nacht- und Wochenenddienste gehören dazu – das kann mit Familie und Freizeit schwer vereinbar sein.
- Stresssituationen: Komplikationen bei Geburten oder Notfälle können psychisch stark belasten. Hebammen müssen trotz Druck stets Ruhe bewahren.
3. Abhängigkeit von Geburtenzahlen
- Regionale Unterschiede: In Ballungsräumen gibt es oft viele Bewerberinnen, in ländlichen Gegenden eher Hebammenmangel. Das beeinflusst Jobchancen.
- Entwicklung der Geburtenrate: Wenn die Geburtenzahlen sinken, kann die Nachfrage nach Hebammen langfristig ebenfalls zurückgehen – auch wenn aktuell eher Fachkräftemangel herrscht.
4. Finanzielle Risiken
- Selbstständigkeit: Viele Hebammen arbeiten freiberuflich. Einkommen hängt dann von der Zahl der betreuten Geburten und Nachsorgen ab.
- Unsichere Planung: Schwankungen bei Aufträgen oder längere Ausfälle (z. B. durch Krankheit) können die finanzielle Stabilität belasten.
5. Rechtliche & organisatorische Hürden
- Dokumentationspflichten: Hebammen müssen jede Geburt und Betreuung genau dokumentieren – bei Fehlern oder Lücken drohen rechtliche Konsequenzen.
- Regulatorische Änderungen: Gesetzesänderungen im Gesundheitswesen können den Beruf stark beeinflussen (z. B. Reformen der Hebammenausbildung oder Vergütungsregelungen).
👉 AntwortX.de-Einordnung: Wer von der Erzieherin zur Hebamme wechseln möchte, sollte sich bewusst machen, dass der Beruf nicht nur erfüllend, sondern auch fordernd und risikobehaftet ist. Gute Vorbereitung, ein stabiles Nervenkostüm und die Bereitschaft, mit Verantwortung zu wachsen, sind unerlässlich.
